Vorschaubild des Elementes mit der Inventarnummer MAf 01147
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Dieses Objekt ist Teil der Kollektion des Projektes "Provenienz von kolonialzeitlichen Sammlungen aus Togo”: Link der Kollektionsseite.

Die hier sogenannte Kopfbedeckung wurde aus blau-weiß karierter Baumwolle in Leinwandbindung hergestellt und mit Ornamenten aus weißem Faden bestickt. An ihr wurden Lederschnüre mit Knoten befestigt, an denen wiederum Lederapplikationen befestigt wurden. Auf dem Katalogzettel ist „Mütze aus buntem Baumwollstoff. Mit 2 Reihen (2x6) Koranamuletten, Volk: Mangu“ vermerkt. Mit „Mangu“ ist wahrscheinlich die Bevölkerungsgruppe der Tchokossi, die auch Anufo genannt wird und die damals mehrheitlich dem Islam angehörten, gemeint. Die Hauptstadt des in Nordtogo dominierenden Tchokossi-Reiches, einer Monarchie, war Sansanné-Mango.
Die Tchokossi/ Anufo leben in der Region de la Savane in Togo und waren vor der deutschen Kolonialzeit eine stark organisierte Gemeinschaft. Die Tchokossi haben den Islam angenommen, aber auch lokale Religionen beibehalten. Die kulturelle und spirituelle Bedeutung der Kopfbedeckung ist wahrscheinlich mit islamischen Werten verbunden. Beim Besitzer handelte es sich wahrscheinlich um einen Mann, der eine wichtige gesellschaftliche Position innehatte, beispielweise ein Chef, ein Priester oder sogar ein König. Somit könnte die Kopfbedeckung ein Statussymbol mit politischer Funktion sein. (Dr. Ohiniko Toffa)
Laut Dr. Emery Patrick Effiboley ist die Kopfbedeckung ein persönliches Schutzobjekt für Jäger und Krieger. Sie besteht aus mehreren Amuletten und soll vor Waffen und anderen Dingen schützen. Diese Art von Objekt kann nicht freiwillig vom Besitzer abgegeben werden. Das bedeutet, dass es wahrscheinlich gegen den Willen des Besitzers oder nach dessen Konvertierung zum Christentum mitgenommen wurde.
Gaston Thierry (1866-1904) wurde im preußischen Militär ausgebildet und war zwischen 1896 und 1902 an mehr als 15 Militärfeldzügen in der deutschen Kolonie Togo beteiligt. Thierry war in Togo zunächst Assistent von Hans Gruner. Im Dezember 1896 wurde ihm die Stationsleitung in Sansanné-Mango übertragen. Anfang November 1897 entledigte sich Thierry dem Fémè, dem lokalen politischen und militärischen Anführer (in anderen Quellen als Tchokossi-König bezeichnet) Biema Asabiè (auch teils Nbema Sabie geschrieben), nachdem dieser sich laut Thierry angeblich geweigert hätte, die deutsche Oberhoheit anzuerkennen und bereits bestehende Verträge mit Großbritannien bzw. Frankreich zu kündigen. Daraufhin durchsuchte er die Gemächer Biema Asabiès, wobei er sich potenziell die Gegenstände und Kleidung angeeignet hat. Den Widerstand der Bevölkerung ließ Thierry militärisch niederschlagen. Auch hier ist es wahrscheinlich, dass er die Waffen und Kleidung der Widerstandskämpfer plünderte. Anschließend veranlasste Thierry die „Wahl“ eines neuen, ihm loyalen Königs von Mango. Er ersetze auch den karamò (von Deutschen als Imam bezeichnet), den höchsten islamischen Würdenträger.
Thierry war auf der Station Mango nach lokaler Tradition mit einer Frau der Fulfulbe namens Aba verheiratet (Sebald 2014). Durch diese hierarchische Beziehung hatte er wahrscheinlich zusätzlich leichteren Zugang zu Objekten. Es war auch nicht unüblich, dass sich Kolonisatoren untereinander Objekte schenkten, verkauften oder tauschten. Thierry unternahm aber vor allem Raubzüge zur persönlichen Bereicherung und verkaufte die sich angeeigneten Objekte an deutsche Museen. Auch von Sansanné-Mango aus führte er zahlreiche Feldzüge gegen die umliegenden Bevölkerungen an, bei denen er sich potenziell die Kopfbedeckung angeeignet haben könnte. Unter anderem aufgrund dieses Verhaltens wurde gegen Thierry eine interne Untersuchung eingeleitet und anschließend nach Kamerun versetzt. Selbst nach seinem Tod 1904 waren seine Kolonialverbrechen Thema im deutschen Parlament. (Künkler 2022, Lang und Nicklisch 2021, Sebald 1988; 2013; 2014)
Thierrys Kriegsbeute erreichte am 14.08.1899 das Berliner Museum für Völkerkunde (W. Homann & Co. an das Königliche Museum für Völkerkunde Berlin, 10.11.1899, Archiv des Berliner Ethnologischen Museums, I/MV 721, E 803/1899, Bl. 231). Die Gegenstände verblieben teils in Berlin oder wurden nach Stuttgart und Leipzig verkauft. Dem Leipziger Völkerkundemuseum verkaufte Thierry insgesamt 243 Objekte, von denen 18 als vermisst gelten. Die Kopfbedeckung erwarb das Museum im Jahr 1900 von Gaston Thierry. (MVL, Marlena Barnstorf-Brandes, 29.05.2023)
Kultureller Kontext
Mangu (Herstellung)
Reproduktion
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