Vorschaubild des Elementes mit der Inventarnummer MAf 08198
Ort, Datierung
Afrika, Tansania, Kilimanjaro Region, (Old) Moshi, vor 1898
Abmessungen
205,8 x 6,2 x 2,3 cm; Klinge: 87,3 cm
Inventarnummer
MAf 08198
Die im 19. und 20. Jahrhundert von Schmieden der Wachagga hergestellten Speere, Schwerter und Messer waren über die Kilimanjaroregion hinaus bekannt. Ursprünglich wurde das zur Herstellung benötigte Eisen aus eisenhaltigem Sand gewonnen, später weitgehend durch importierten Eisendraht ersetzt. Die Klingen wurden mit Lavaschlacke poliert und mit Steinen, später auch mit importierten Feilen geschärft. Die Schmiede fertigten Waffen für Chagga-Krieger, aber auch für Maasai oder auf Bestellung für deutsche Kolonisatoren an. Schwert, Speer und Schild gehörten zur Grundausstattung der Krieger, oft ergänzt durch eine Keule und ein Messer. Zusätzlich verfügten die Krieger auch über Gewehre, die mit den Karawanen von der Küste ins Landesinnere gelangten. Ursprünglich nutzten die Krieger der Wachagga kürzere Speere mit kurzen, breiten Klingen. Diese kamen gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den meisten Fürstentümern im Westen und Süden des Kilimanjaro aus der Mode und wurden durch immer längere Speere wie diesen mit langem eisernen Blatt, spitzen Schuh und kurzem Holzgriff verdrängt. Wie auch weitere Waffen, Schmuck und Kleidung waren diese von den Maasai inspiriert, deren Kampftechnik die Krieger am Kilimanjaro teilweise übernahmen.
Dieser Speer gelangte durch Albert Schrenck von Notzing ins Museum für Völkerkunde Leipzig. Schrenck von Notzing war als Adjutant des Gouverneurs Friedrich von Schele am Kriegszug gegen Mangi Meli von Moshi beteiligt. Nachdem Mangi Meli und seine Krieger die deutschen Kolonialinvasoren 1892 vom Kilimanjaro vertrieben hatte, zog Schele am 12.08.1893 mit einer Übermacht der sog. „Schutztruppe“ im Verbund mit lokalen Wachagga-Kriegern gegen Moshi und besiegte Mangi Meli. Im Kontext dieser Schlacht eignete sich Schrenck von Notzing etliche Objekte an. Ob der Speer direkt in der Schlacht erbeutet wurde oder Teil der Meli auferlegten Strafzahlungen oder „Geschenke“ an dessen Bezwinger war, ist uns nicht bekannt. Der Speer erzählt somit von der Gewalt der kolonialen Invasoren, aber auch vom Widerstand der Moshi-Gemeinschaft, die sich mit wenigen Gewehren, aber auch nur mit Schild und Speer der deutschen Kolonialarmee entgegenstellten. Die überwiegend aus afrikanischen Söldnern (Askari) bestehende deutsche „Schutztruppe“ attackierte (Old) Moshi dagegen unter anderem mit Kanonen und frühen Maschinengewehren.
Mangi Meli lebte nach seiner Niederlage unter strikter Kontrolle der deutschen Besatzungsmacht und wurde schließlich 1900 mit 18 weiteren Anführern gehängt. Sein Haupt und weitere Ancestral Remains der Hingerichteten wurden mutmaßlich nach Deutschland verschifft. Noch heute warten Nachfahren auf deren Rückkehr.

Die Recherche zu diesem Objekt fand im Rahmen der mobilen Recherche-Ausstellung „MAREJESHO“ von Flinn Works, Berlin Postkolonial und Old Moshi Cultural Tourism am Kilimanjaro und Meru statt. Ziel des Projekts war es, Mitglieder der Gemeinschaften am Kilimanjaro und Meru (Tansania) über in der Kolonialzeit verschleppte Ahnen (Ancestral Remains) und Objekte zu informieren, die sich in deutschen Museumssammlungen befinden. Besucher*innen der Ausstellung teilten ihr Wissen wiederum mit dem Team von „MAREJESHO“. Vertreter*innen der Gemeinschaften fordern eine Repatriierung der Ahnen und eine Restitution der Objekte.
(Konradin Kunze, 12.05.2023)
Kultureller Kontext
Wachagga (Herstellung)
Reproduktion
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