Vorschaubild des Elementes mit der Inventarnummer MAf 27707
Ort, Datierung
Afrika, Tansania, Kilimanjaro Region, (Old) Moshi, vor 1893
Abmessungen
79 x 31 x 7,5 cm
Inventarnummer
MAf 27707
Neben Speer, Schwert und manchmal Keule gehörte ein Schild zur Grundausstattung der Wachagga-Krieger. Diese Schildform war wohl am gesamten Kilimanjaro verbreitet, kam aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den meisten Fürstentümern im Westen und Süden des Kilimanjaro aus der Mode. Stattdessen wurden größere, bemalte Schilde bevorzugt. Wie auch andere Waffen, Schmuck und Kleidung waren diese von den Maasai inspiriert. Die älteren Schilde wurden aus Büffelhaut gefertigt und mit einer hölzernen Mittelstrebe mit Haltegriff stabilisiert. Die eingeschnittenen oder -gepressten Muster variieren bei den Schilden. Ob sie eine Zugehörigkeit zu einem Herrschaftsgebiet, zu einer Altersgruppe oder zu einer Familie anzeigen oder nur als individuelle Verzierung dienten, ist uns nicht bekannt.
Albert Schrenck von Notzing war als Adjutant des Gouverneurs Friedrich von Schele am Kriegszug gegen Mangi Meli von Moshi beteiligt. Nachdem Mangi Meli und seine Krieger die deutschen Kolonialinvasoren 1892 vom Kilimanjaro vertrieben hatte, zog Schele am 12.08.1893 mit einer Übermacht der sog. „Schutztruppe“ im Verbund mit lokalen Wachagga-Kriegern gegen Moshi und besiegte Mangi Meli. Im Kontext dieser Schlacht eignete sich Schrenck von Notzing etliche Objekte an, darunter auch diesen Schild. Von Notzing erbeutete es nach eigenen Angaben nach der Erstürmung von (Old) Moshi in Mangi Melis „Boma“, d.h. aus dessen zerstörtem Wohn- und Regierungssitz. Im Schild befindet sich ein Loch, vermutlich ein Einschussloch einer Patrone. Ob der Besitzer des Schilds, wahrscheinlich ein Krieger Mangi Melis, durch die Patrone getötet wurde, ist uns nicht bekannt. Der Schild erzählt somit von der Gewalt der kolonialen Invasoren, aber auch vom Widerstand der Moshi-Gemeinschaft, die sich mit wenigen Gewehren, aber auch nur mit Schild und Speer der deutschen Kolonialarmee entgegenstellten. Die überwiegend aus afrikanischen Söldnern bestehende deutsche „Schutztruppe“ attackierte (Old) Moshi dagegen unter anderem mit Kanonen und frühen Maschinengewehren.
Mangi Meli wurde schließlich 1900 von der deutschen Besatzung mit 18 anderen Anführern gehängt. Sein Haupt und weitere Ancestral Remains der Hingerichteten wurden mutmaßlich nach Deutschland verschifft. Noch heute warten Nachfahren auf deren Rückkehr.

Die Recherche zu diesem Objekt fand im Rahmen der mobilen Recherche-Ausstellung „MAREJESHO“ von Flinn Works, Berlin Postkolonial und Old Moshi Cultural Tourism am Kilimanjaro und Meru statt. Ziel des Projekts war es, Mitglieder der Gemeinschaften am Kilimanjaro und Meru (Tansania) über in der Kolonialzeit verschleppte Ahnen (Ancestral Remains) und Objekte zu informieren, die sich in deutschen Museumssammlungen befinden. Besucher*innen der Ausstellung teilten ihr Wissen wiederum mit dem Team von „MAREJESHO“. Vertreter*innen der Gemeinschaften fordern eine Repatriierung der Ahnen und eine Restitution der Objekte.
(Konradin Kunze, 12.05.2023)
Kultureller Kontext
Dschagga (Herstellung)
Reproduktion
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