Vorschaubild des Elementes mit der Inventarnummer MAf 27681
Ort, Datierung
Afrika, Tansania, Kilimanjaro Region, (Old) Moshi, vor 1893
Abmessungen
10,5 x 9,5 x 1 cm
Inventarnummer
MAf 27681
Glasperlenbesetzter Schmuck war spätestens seit dem 19. Jahrhundert bei vielen Menschen am Kilimanjaro und darüber hinaus beliebt, bei Maasai, Wameru und Wachagga, bei Frauen, Männern und Kindern. Glasperlen und Stoffe wurden aus Indien importiert und gelangten über Karawanen und Händler in die Region. Bis heute sind Perlenarmbänder am Kilimanjaro ein bei lokalen Bewohner*innen wie Tourist*innen beliebter Schmuckartikel. In den Chagga-Gemeinschaften bildeten aus Kupfer oder Eisen gefertigte Schellen einen wichtigen Bestandteil von Tänzen, zum Beispiel anlässlich von Kriegszügen oder Initiationsriten. Steinchen oder Körner in den Schellen sorgten für ein Klirren bei Bewegungen. Einzelne oder mehrere Schellen wurden an Arm-, Bein- und Fußbändern oder Gürteln befestigt. Aber auch außerhalb von Feierlichkeiten wurden solche Schellen getragen, möglicherweise auch zum Schutz vor Schlangen und Raubtieren.
Dieses Oberarmband mit Schelle gelangte durch Albert Schrenck von Notzing ins Museum für Völkerkunde Leipzig. Schrenck von Notzing war als Adjutant des Gouverneurs Friedrich von Schele am Kriegszug gegen Mangi Meli von Moshi beteiligt. Nachdem Mangi Meli und seine Krieger die deutschen Kolonialinvasoren 1892 vom Kilimanjaro vertrieben hatte, zog Schele am 12.08.1893 mit einer Übermacht der sog. „Schutztruppe“ im Verbund mit lokalen Wachagga-Kriegern gegen Moshi und besiegte Mangi Meli. Im Kontext dieser Schlacht eignete sich Schrenck von Notzing etliche Objekte an, darunter auch dieses explizit als Kriegsbeute bezeichnete Schmuckband. Ob er es wie andere Objekte einem gefallenen Moshi-Krieger abgenommen hat oder es zum Beispiel von einer besiegten Person aus Moshi einforderte ist uns nicht bekannt. Schrenck von Notzing überließ manche der Objekte dem Leipziger Museum für Völkerkunde zunächst unter „Eigentumsvorbehalt“, bevor sie nach dessen Tod ans Museum verkauft wurden.
Mangi Meli lebte nach seiner Niederlage unter strikter Kontrolle der deutschen Besatzungsmacht und wurde schließlich 1900 mit 18 weiteren Anführern gehängt. Sein Haupt und weitere Ancestral Remains der Hingerichteten wurden mutmaßlich nach Deutschland verschifft. Noch heute warten Nachfahren auf deren Rückkehr.

Die Recherche zu diesem Objekt fand im Rahmen der mobilen Recherche-Ausstellung „MAREJESHO“ von Flinn Works, Berlin Postkolonial und Old Moshi Cultural Tourism am Kilimanjaro und Meru statt. Ziel des Projekts war es, Mitglieder der Gemeinschaften am Kilimanjaro und Meru (Tansania) über in der Kolonialzeit verschleppte Ahnen (Ancestral Remains) und Objekte zu informieren, die sich in deutschen Museumssammlungen befinden. Besucher*innen der Ausstellung teilten ihr Wissen wiederum mit dem Team von „MAREJESHO“. Vertreter*innen der Gemeinschaften fordern eine Repatriierung der Ahnen und eine Restitution der Objekte.
(Konradin Kunze, 12.05.2023)
Kultureller Kontext
Dschagga (Herstellung)
Reproduktion
Wenn Sie Abbildungen dieses Objektes nutzen möchten, nehmen Sie bitte hier mit uns Kontakt auf. Auch Objekte, die aus ethischen Gründen ausgeblendet sind, können bei begründetem Interesse mit diesem Formular angefragt werden.
Feedback
Wenn Sie zusätzliche Informationen zu diesem Objekt haben oder einen Fehler entdeckt haben, dann schreiben Sie uns: Anmerkung verfassen
Weitere Objekte, die Sie interessieren könnten, aus den Rubriken:
Schmuck

Hocker

uns nicht bekannt
GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig
Weitere interessante Objekte
Hocker
uns nicht bekannt
GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig
GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig

Anhänger/Amulett

uns nicht bekannt
Museum für Völkerkunde Dresden
Weitere interessante Objekte
Anhänger/Amulett
uns nicht bekannt
Museum für Völkerkunde Dresden
uns nicht bekannt

Bora-Junge mit Fischen in der Schüssel, Pucaurquillo

Hartwig, Werner
GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig
Weitere interessante Objekte
Bora-Junge mit Fischen in der Schüssel, Pucaurquillo
Hartwig, Werner
GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig
Zum Seitenanfang