Vorschaubild des Elementes mit der Inventarnummer MAf 27687
Ort, Datierung
Afrika, Tansania, Kilimanjaro Region, (Old) Moshi, vor 1893
Abmessungen
H: 12 cm; Ø 3,3 cm
Inventarnummer
MAf 27687
Schon vor der deutschen Kolonialzeit wurde Tabak am Kilimanjaro in kleinen Mengen angebaut. Auch heute ist dies dort noch üblich. Vermutlich war die Pflanze über portugiesische Seefahrer vom amerikanischen Kontinent nach Ostafrika gelangt und hatte sich durch arabische Händler über die Karawanenroute bis an den Kilimanjaro verbreitet. Der Tabak wurde geraucht, geschnupft oder gekaut. Schnupftabak wurde häufig in einem verschlossenen, oft mit Perlen verzierten Kuhhorn wie diesem an einer Kette um den Hals getragen. Ähnliche Behälter konnten auch für Schießpulver oder Pfeilgift benutzt werden.
Dieser Tabakbehälter gelangte durch Albert Schrenck von Notzing ins Museum für Völkerkunde Leipzig und gehörte seinen Angaben zufolge Mangi Meli, dem Herrscher von Moshi am Kilimanjaro. Schrenck von Notzing war als Adjutant des Gouverneurs Friedrich von Schele am Kriegszug gegen Mangi Meli beteiligt. Nachdem Mangi Meli und seine Krieger die deutschen Kolonialinvasoren 1892 vom Kilimanjaro vertrieben hatte, zog Schele am 12.08.1893 mit einer Übermacht der sog. „Schutztruppe“ im Verbund mit lokalen Wachagga-Kriegern gegen Moshi und besiegte Mangi Meli. Im Kontext dieser Schlacht eignete sich Schrenck von Notzing etliche Objekte an, einige explizit als Kriegsbeute. Andere Objekte, wie diesen Tabakbehälter, verzeichnete er als „Geschenk“ Mangi Melis. Schrenck von Notzing überließ manche der Objekte dem Leipziger Museum für Völkerkunde zunächst unter „Eigentumsvorbehalt“, bevor sie nach dessen Tod ans Museum verkauft wurden.
Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Mangi Meli diese persönlichen Gegenstände freiwillig an seine Gegner abgab. Um am Leben zu bleiben und den Titel Mangi behalten zu dürfen, musste er die Bedingungen des Gouverneurs akzeptieren, die u.a. die Abgabe von Gewehren und großer Mengen sog. „Strafelfenbeins“ vorsahen. Mangi Meli lebte nach seiner Niederlage unter strikter Kontrolle der deutschen Besatzungsmacht und wurde schließlich 1900 mit 18 weiteren Anführern gehängt. Sein Haupt und weitere Ancestral Remains der Hingerichteten wurden mutmaßlich nach Deutschland verschifft. Noch heute warten Nachfahren auf deren Rückkehr.

Die Recherche zu diesem Objekt fand im Rahmen der mobilen Recherche-Ausstellung „MAREJESHO“ von Flinn Works, Berlin Postkolonial und Old Moshi Cultural Tourism am Kilimanjaro und Meru statt. Ziel des Projekts war es, Mitglieder der Gemeinschaften am Kilimanjaro und Meru (Tansania) über in der Kolonialzeit verschleppte Ahnen (Ancestral Remains) und Objekte zu informieren, die sich in deutschen Museumssammlungen befinden. Besucher*innen der Ausstellung teilten ihr Wissen wiederum mit dem Team von „MAREJESHO“. Vertreter*innen der Gemeinschaften fordern eine Repatriierung der Ahnen und eine Restitution der Objekte.
(Konradin Kunze, 12.05.2023)
Kultureller Kontext
Dschagga (Herstellung)
Reproduktion
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