Dieses Objekt ist Teil der Kollektion des Projektes "Provenienz von kolonialzeitlichen Sammlungen aus Togo”: Link der Kollektionsseite.

Das hier sogenannte Bronze-Zierstück oder auch Zepter wurde aus einem Bronzeguss hergestellt und mit einer figürlichen Darstellung verziert. Laut Katalogzettel handelt es sich um ein "Zierstück eine Affenjagd darstellend. Bronzeguß. Kete." In der zugehörigen Akte finden sich weitere Aussagen Mischlichs zu den Bronzenobjekten, die durch ihn an das MVL kamen: „Das große Königsscepter u. die beiden wunderbar schön gearbeiteten Bronze-Gesichtsmasken (Hausa, Mann u. Frau) u. manches andere Stück dürften eine Zierde des L. Museums werden […]. Die Sachen kosteten mich natürlich sehr viel Geld, eine Bronzetafel z. B. 150 M. Ich habe Hunderte von Mark ausgegeben. Aber die Sachen sind es wert (u. außerdem sehr schwer zu bekommen). Alle diese Sachen möchte ich Ihrem Museum zunächst mal leihweise überlassen, aber vielleicht findet sich auch ein anderer Weg, so daß die Gegenstände schließlich doch ganz in Besitz des L. M. [Leipziger Museum] übergehen können." Er gibt detaillierte Beschreibungen der Bronzetechnik und notiert dazu: "Die Kunst des Bronzegusses wird im allgemeinen geheim gehalten u. nur ausgeübt von Mitgliedern der aus Ilorin stammenden Familie der Amonikoyi. Seit uralten Zeiten betreiben die Amonikoyi dieses Kunstgewerbe. Von außerhalb, etwa von Europa hätten sie die Technik nicht, sagte mir mein Gewährsmann Ali Amonikoyi." (MVL 1909/68, Adam Mischlich)
Ali Amonikoyi (1880-1920), ein Yoruba, der in Nigeria geboren wurde und nach Togo migriert war, könnte somit der Hersteller der Bronzestücke sein. Er soll von 1907-1909 in Kete Kratchi gearbeitet haben. Angeblich arbeitete er dort vor Kolonialbeamten, die seine Geschichte, Kunst und Herstellungstechniken aufzeichneten. Amonikoyi verwendete Messingsgustechniken für die Maskenherstellung, die den Gelede-Masken der Yoruba ähnelten. Von Ali Amonikoyi befinden sich auch Bronzekunstwerke im Brooklyn Museum, im Fine Arts Museums of San Francisco, im Linden Museum Stuttgart, im Pitt-Rivers-Museum der Universität Oxford und im Museum für Völkerkunde Dresden (von Ernst Gütschow übereignet: 29774, 29775) uvm.
Adam Mischlich (1864-1948) arbeitete ab 1890 als Missionar für die Basler Mission erst an der Goldküste (Ghana) und ab 1894 in Togo. Nachdem er 1897 aufgrund eines sexualstrafrechtlichen Skandals aus der Basler Mission ausschied (Erbar 1991), trat er in den Dienst des Gouvernements Togo. 1898 übernahm er die Leitung der Station Kete-Kratschi (heute Kete Krachi, Ghana) und 1913 die der Station „Misahöhe“ (bei Kpalimé, Togo). Die Unterdrückung der lokalen Bevölkerung als auch die Ausführung der kolonialen Gerichtsbarkeit unterlagen ihm als Stationsleiter. (Meyer-Bahlburg 1994) Als Afrikanist führte er sprachwissenschaftliche Studien in Zentral- und Nord-Togo, vor allem des Hausa, durch und veröffentlichte diese in Missionsblättern und den „Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten“. Uns sind bisher keine militärischen Aktivitäten Mischlichs bekannt, was nicht heißt, dass nicht auch er potenziell an kriegerischen Auseinandersetzungen und Plünderungen der Bevölkerung beteiligt war. Des Weiteren war es nicht unüblich, dass die kolonialen Akteure sich gegenseitig Objekte schenkten, verkauften oder tauschten. Durch Adam Mischlich (bzw. von Mischlich an das Museum für Völkerkunde Berlin und anschließend an das Museum für Völkerkunde Leipzig) kamen insgesamt 494 Objekte an das Museum, von denen aktuell 35 als vermisst gelten. Das hier sogenannte Bronze-Zierstück schenkte Mischlich dem MVL im Jahr 1909.
Laut Dr. Emery Patrick Effiboley wurde das Bronzekunstwerk nach der Plünderung von Benin City durch die britische Armee im Februar 1897 auf dem Kunstmarkt bekannt. Laut Dr. Ohiniko M. Toffa ist die Schmiedekunst in Nigeria, Bénin, Ghana und Togo religiös geprägt und dient der Gottesverehrung. (MVL, Marlena Barnstorf-Brandes, 28.07.2023)